Heute durfte ich eine Stunde länger schlafen. Rein theoretisch, natürlich. (Für alle, die immer noch nicht wissen, ob sie die Uhr zur Winterzeit vor- oder zurückstellen müssen, verweise ich auf Spring forward and fall back!) Aber solange man ein Kind daheim hat, das eine Lerche ist, die ohne Probleme am frühen Morgen bereits fröhlich in den Tag hineinzwitschert, ist das mit dem Ausschlafen so eine (Glücks-)Sache. Ich gehöre nämlich zur anderen Vogelsorte. Ich bin eine Eule. Eulen haben ihre aktivste und leistungsfähigste Zeit nicht morgens wie die Lerchen, sondern abends. Gelernt habe ich das von Herrn Roenneberg im taz-Artikel Aufwachen! Herr Roenneberg ist Biologieprofessor und erforscht seit 40 Jahren die innere Uhr des Menschen. Und er bestätigt wissenschaftlich, was ich schon immer ahnte:
„Entgegen einem allgegenwärtigen Gesellschaftsbild hat die innere Uhr nichts mit Disziplin zu tun“, erklärt Roenneberg, „sondern mit Genen.“ Er kämpft dafür, dass die innere Uhr als echtes biologisches System ernst genommen wird. „Bei uns herrscht immer noch so eine Reiß-dich-zusammen-Mentalität, wenn man erwähnt, wie schwer es einem fällt, morgens früh aufzustehen.“
Ha, genau so ist es. Bei mir ist es nämlich völlig wurscht, ob ich um 9 Uhr abends oder um 1 Uhr nachts ins Bett gehe: Ich bin, wenn ich durch meine Kinder gezwungenermaßen unter der Woche um 6.30 Uhr aufstehen muss, immer, immer, immer müde. In Deutschland gibt es nach Herrn Roenneberg einen leichten Eulenüberhang. Na bitte!
Schul- und Arbeitszeiten sind deshalb generell zu früh angelegt, meint er. „Der Idealfall wäre natürlich: Schmeißen Sie Ihren Wecker weg, schlafen Sie ein und wachen Sie auf, wenn es Ihre innere Uhr sagt.“
Erwähnte ich schon, dass ich Herrn Roenneberg sehr sympathisch finde?
Und jetzt kommt das Beste:
Um Schlafmangel zu vermeiden und leistungsfähig zu bleiben, verbinden viele unbewusst Chronotyp und Beruf. Künstler oder Schriftsteller haben meist die Freiheit aufzustehen, wann sie wollen, dadurch sammeln sich hier die Eulen. Manager hingegen sind eher Lerchen, hier ist Leistung am Morgen zwingend.
Ich gehöre also mehr zum künstlerischen Typ, ist ja völlig klar, :-) Und mein Jüngster wird dann wohl mal Manager. Na prima! Da kann ich mich auf die Zukunft freuen: Wenn ich in vielen Jahren hemmungslos nach meiner inneren Uhr leben darf, werde ich richtig kreativ und schreibe endlich den Roman meines Lebens, nachts natürlich. Gedanken darüber, woher das Geld für die Miete kommt, muss ich mir dann nicht mehr machen, weil mein Sohn inzwischen ein bestbezahlter Manager (vermutlich beim FC Bayern) ist und seiner alten Mutter eine nette Eigentumswohnung in der Stadt gekauft hat. Was für herrliche Aussichten!
(Foto: Holger Bach, pixelio.de)