Und hier kommt schon der nächste Blogwichtelbeitrag, von meiner geschätzten Mitautorin des Dudenkalenders Ines Balcik. Sie hat ihre Schatzkiste für mich geöffnet und präsentiert uns daraus zwölf Kleinodien, eins für jeden Monat des vergangenen Jahres. Was für eine hübsche Idee, liebe Ines, jeden Monat einem Wortschatz zu widmen; vielleicht greife ich diese Anregung für mein Blog 2012 auf ;-). Höchst amüsant fand ich den in deinem Beitrag erwähnten Abfuhrkalender, ich stelle mir dabei vor, wie eine sagenhaft schöne und kluge Frau penibel Aufzeichungen darüber führt, welchen Männern sie wann eine Abfuhr verpasst hat …
Ich freue mich, dass Ines mir keine Abfuhr gegeben hat, sondern der Einladung zu einem Gastbeitrag gefolgt ist:
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Wenn ein Jahr zu Ende geht, überkommt mich immer das Bedürfnis, ein wenig aufzuräumen. Aufräumen, das bedeutet, sich von einigem zu trennen und Verbleibendes neu zu sortieren. In diesem Jahr habe ich mir die Kalenderwörter vorgenommen, die sich im Laufe der Zeit bei mir angesammelt haben. Übrig geblieben sind nun zwölf Wörter, eins für jeden Monat des Jahres. Ich habe sie in meinen Setzkasten einsortiert und weil sie mir so gut gefallen, stelle ich dir, liebe Elke, hiermit meine zwölf Wortschätzchen vor.
1. In einem Setzkasten werden heute gerne kleine Kostbarkeiten aufbewahrt. Er ist deshalb der ideale Aufbewahrungsort für meine Kalenderwörter. Das Wort Setzkasten gefällt mir, denn es erinnert mich daran, wie aufwendig es einst war, Texte zu drucken und zu verbreiten – früher, als an Digitaldruck und Texte im Internet noch nicht einmal zu denken war. Setzkästen dienten in Zeiten des Bleisatzes zur Aufbewahrung der Lettern oder Typen einer Schriftart.
2. Aktuar endet auf dieselben Buchstaben wie Februar und passt deshalb gut an die zweite Stelle meiner Sammlung. Das Wort hat mehrere Bedeutungen, aufbewahren möchte ich es im Sinne von Berufsschreiber. Nichts anderes war ein Aktuar bzw. Actuarius im Mittelalter: ein Mensch, der die Kunst des Lesens und Schreibens beherrschte. Obwohl heute wesentlich mehr Menschen lesen und schreiben können als damals, ist das professionelle Schreiben nach wie vor eine Kunst oder auch ein Handwerk, wie viele meinen. Beides darf nicht unterschätzt werden.
3. Zu einem Kalender gehören natürlich Monate. Das Wort ist wiederum eng verwandt mit dem Wort Mond und das ist auch kein Wunder, denn der Mond ist, ebenso wie die Sonne, mit der Zeiteinteilung der verschiedenen Kalendersysteme verbunden. Mathematische und astronomische Feinheiten überlasse ich lieber Spezialisten, aber festhalten möchte ich an dieser Stelle, dass der Mond der einzige natürliche Satellit der Erde ist. Mondmonate und Mondkalender sind also gewissermaßen satellitengesteuerte Systeme, die es seit tausenden Jahren gibt.
4. So viele Kalender gibt es, dass einem schwindlig werden kann. Nehmen wir nur einmal Kalender, die mit A anfangen: Abfallkalender, Abfall-Terminkalender, Abfuhrkalender, Abgeordneten-Kalender, Ablaufkalender, Abreißkalender, ADAC-Staukalender, Adventskalender, Akt-Kalender, Aktfoto-Kalender, Amtskalender, Apothekenkalender, Apothekerkalender, ATP-Kalender, Auftrittskalender, Auslieferungskalender, Auslieferungskalender, Ausstellungskalender. Gefunden habe ich diese Kalenderwörter im Wortschatz der Uni Leipzig und frage mich nebenbei, weshalb es keinen Arzt- oder Ärztekalender gibt. Zurück zu meinen Kalenderwörtern: Ich habe lange geschwankt, ob ich Abfallkalender in meinen Setzkasten lege, mich dann aber doch für Abreißkalender entscheiden. Die Erklärung folgt bei 10.5. Christian Morgenstern (1871–1914), bekannt vor allem durch seine oft humoristische Lyrik, führt in seinen 1905 erstmals erschienenen Galgenliedern neue Monatsnamen ein: „Wie sich das Galgenkind die Monatsnamen merkt“ Jaguar Zebra Nerz Mandrill Maikäfer Ponny Muli Auerochs Wespenbär Locktauber Robbenbär Zehenbär. Da ich Grammatik mag, gefällt mir übrigens „Der Werwolf“ besonders gut, ein weiteres Gedicht aus den Galgenliedern.
6. Ja ist das sechste Wort meiner Sammlung. Ja sorgt für positive Grundstimmung und steckt darüber hinaus in Jahr, der Zeiteinheit, an der sich unsere Kalender orientieren. Ja ist also das perfekte Kalenderwort.
7. Schade, dass sich Honigmonat nicht als offizielle Bezeichnung für den siebten Monat des Jahres durchgesetzt hat. Gut, dass ich das Wort in meinen Setzkasten legen kann.
8. Zwischen dem erhabenen Augustus und dem dummen August liegen scheinbar Welten. Aber nur scheinbar.
9. Sieben Tage hat unsere Woche. Überhaupt ist die Sieben eine Zahl, über die sich ganze Romane schreiben ließen, denn viele Mythen und Geschichten ranken sich um sie. Manchmal wünschte ich mir Siebenmeilenstiefel.
10. Abreißkalender (siehe 4.) sind sehr nützlich, besonders die einzelnen Blätter. Denn was macht man mit den Zetteln eines Abreißkalenders? Falten! Origami heißt das Kalenderwort. Anleitungen gibt es zum Beispiel hier.
11. Da in wenigen Tagen das Jahr 2012 beginnt, gehört Mayakalender in meine Sammlung. Verschwörungstheoretikern zufolge müssen wir uns in ungefähr einem Jahr auf den Weltuntergang gefasst machen. Falls die Welt doch nicht untergeht, suche ich mir im nächsten Jahr aus der unglaublichen Fülle von Kalendersystemen ( einfach ein neues Kalenderwort aus.
12. Der Zwölfender darf bei meinen Kalenderwörtern nicht fehlen. Nicht etwa, weil ich eine besondere Affinität zu Hirschen mit einem zwölffachen Geweih habe, sondern weil ein Zwölfender die perfekte Ergänzung meines Kalenders mit zwölf Monaten ist. An zwölfter und damit letzter Stelle steht es wegen der vier darin enthaltenen Buchstaben e-n-d-e.
Text: Ines Balcik, Foto: © C. Nöhren / pixelio.de