Gestern hielt Bundeskanzlerin Angela Merkel anlässlich des 60-jährigen Jubiläums der Deutschen Journalistenschule München in Anwesenheit von über 1000 erlauchten Journalisten und Chefredakteuren jeglicher Coleur, alle entweder Absolventen oder Dozenten der Schule sowie einigen Politikern (Horst Seehofer hatte ganz kurzfristig gekniffen) eine bemerkenswert launige Rede über den deutschen Qualitätsjournalismus sowie die Veränderung der Medienlandschaft an sich.
Sie erzählte auch von ihrem Physikstudium in der DDR und von ihrem Professor, der schon damals seine Studenten zum ordentlichen Lernen angehalten und immer gemahnt hatte: „Wenn Sie immer alles nur nachschauen, was haben Sie dann noch im Kopf und womit wollen Sie dann noch denken?“ Das ließ mich gleich wieder an Dieter Hildebrandt denken und seinen Spruch: Bildung kommt von Bildschirm und nicht von Buch, sonst hieße es ja Buchung, ;-).
Die Bundeskanzlerin beschrieb die rasante Veränderung der deutschen Medienlandschaft und Informationsbeschaffung mit einem bemerkenswerten Beispiel: Als der CDU-Parteispendenskandal gärte, sei „man“ (ob sie selbst oder ihre Adjudanten, ließ sie dahingestellt) abends immer an den Berliner Hauptbahnhof gefahren, wo man die erste SÜDDEUTSCHE ZEITUNG des nächsten Tages kaufen konnte. Die wurde in Windeseile gelesen und wer dann als Politiker noch aktuell darauf reagieren wollte, musste sich dann schleunigst mit den Redakteuren der WELT in Verbindung setzen, denn diese saßen in Berlin und scharrten schon mit den Füßen, weil bald der Andruck der Zeitung des nächsten Tages anlief.
Merke: Was einem heute wie eine Anekdote aus der Mediensteinzeit vorkommt, hat sich erst vor 10 Jahren, 1999, zugetragen!
An anderer Stelle habe ich ja schon mal geschildert, dass ich mir als Ehemalige im Vergleich zu den heutigen DJS-Absolventen wie ein Dinosaurier vorkomme, aber gestern Abend habe ich mich unter den Dinosaurieren wie Günter Jauch, Andreas Petzold (Chefredakteur STERN), Christof Lang (einer meiner Mitschüler von damals, heute RTL-Nachrichtenmoderator) und vielen anderen erlauchten Größen des deutschen Journalismus ganz wohlgefühlt, :-). Apropos Günter Jauch: Wer Lust hat, kann die Fragen, mit denen Herr Jauch vor rund 30 Jahren bei der Aufnahmeprüfung zur DJS konfrontiert wurde, versuchen, selbst zu lösen. Auch die weiteren Artikel zur DJS, die sich unter diesem Link befinden, empfehle ich zum Lesen. Übrigens hat sich am Procedere der Aufnahmeprüfung zur DJS anscheinend bis heute wenig verändert. Wer sich also bewerben möchte und Tipps braucht, darf sich gern bei mir melden, :-).
(Foto: Frank Leonhard, dpa)